Die Geschichte der Schrift

Johannes Paffrath · 

KURZVERSION

Schriftgeschichte

Auf Arte läuft "Die Saga der Schrift" in 3 Teilen. Absolut sehenswert. Das untenstehende Skipt ist ein Konglomerat aus Wikipedia, natürlich dem typolexikon ( Wolfgang Beinert) und vielen weiteren Quellen, die ich, soweit möglich, bezeichne. Ich versuche, Basis-, und vertieftes Wissen zu trennen. Vieles ist aber auch einfach so interessant.

Von der Keilschrift zum Alphabet

Die Geschichte unserer Schrift beginnt mit banaler Buchhaltung. Zumindest, wenn man von den Höhlenmalereien absieht, die Menschen schon vor 50.000 Jahren geschaffen haben.
Im heutigen Irak, einst bekannt als das Zweistromland Mesopotamien, legten die Sumerer vor rund 5.000 Jahren den Grundstein für unsere Schrift. Sie lebten inmitten einer florierenden Tempelwirtschaft – und wo Städte und Handel wachsen, braucht es auch Verträge, die festgehalten werden können. Es muss gezählt und verwaltet werden. Die Sumerer benutzten dazu Lehm. Sie drückten ihn mit den Händen zu flachen Tafeln und ritzten mit Holzstäbchen kleine Zeichen hinein. Der Lehm wurde in der Sonne getrocknet, die Zeichen für die Ewigkeit archiviert. So weit, so gut.

Allerdings entstand das Wunderwerk Schrift nicht an einem einzigen Ort zu einer bestimmten Zeit. Es entwickelte sich über viele Jahrtausende hinweg – parallel an mehreren Orten der Welt, in verschiedenen Hochkulturen. Die Chinesen ritzten Zeichen auf Rinderknochen, die amerikanischen Azteken malten bildhafte Hieroglyphen. Doch es sind die Sumerer, denen die ersten Ansätze für unsere abstrakte Schrift zugeschrieben werden.

Vom Bild zur Silbe – die Keilschrift
Zunächst nutzten sie noch wie andere Kulturen eine Bildsprache, die in Piktogrammen funktionierte.  So wurde etwa das Wort „Fürstin“ durch die Zeichnungen für „Frau“ und „Schmuck“ dargestellt. Es gab rund 900 solcher Bildzeichen. Die Besonderheit war, dass die Sumerer immer weiter vom Abbilden von Gegenständen abrückten und zu abstrakteren Formen übergingen. Ein Grund war die florierende Tempelbürokratie mit dem enormen Schreibbedarf – es musste schneller gehen. Die gezeichneten Bilder wurden durch Kombinationen keilförmiger Abdrücke ersetzt. Man fertigte dafür spezielle Griffel in Dreiecksform. Das Stempeln ging leichter als geschwungene Linien in den Ton zu zeichnen. Die sogenannte Keilschrift war entstanden. Im Laufe der Zeit wurde daraus eine Silbenschrift mit immer weniger Zeichen. Denn ähnlich klingende Wörter wurden durch dasselbe Symbol wiedergegeben.

 

Ein Zeichen drückte nun einen Laut aus. Eine kleine Revolution.
Diese sumerische Art zu Schreiben erwies sich als flexibler und praktischer, als alle anderen bekannten Schriftsysteme, etwa die Hieroglyphen, die zeitgleich im Niltal existierten.
Die ägyptischen Hieroglyphen, „heilige Einkerbungen“, waren umständlich und zeitraubend herzustellen. Kein Wunder, sie hatten vorwiegend religiöse Bedeutung. Zusammen mit
den sumerischen Keilschrifttexten gelten ägyptische Hieroglyphen aber als älteste belegte Schriftdokumente der Menschheit.

Seefahrende Phönizier erfinden das Alphabet
Das erste Alphabet aus Lautzeichen entwickelten wiederum die Phönizier, ein Seefahrervolk aus dem Gebiet des heutigen Libanons und Syriens.
Eine funktionelle Schrift war wichtig für ihren Handel, zum Beispiel um zu verzeichnen, welche Waren die Schiffe geladen hatten.
Im Jahr 1200 v. Chr. verwendeten die Phönizier ein Schriftsystem, in dem alle Konsonanten durch 22 Zeichen wiedergegeben wurden. Auf ihren Reisen entlang der Mittelmeerküste verbreitete sich ihr System überall und löste langsam die Keilschrift ab. Es ist die Grundlage für das heutige lateinische, griechische, hebräische und arabische Alphabet.

Die Griechen fügen Vokale hinzu
Die Griechen, wichtiger Handelspartner, übernahmen die phönizische Schrift etwa 800 v. Chr. und ergänzten sie um die fehlenden Vokale.
Dazu wandelten sie jene Buchstaben um, die im Griechischen nicht benötigt wurden. Der phönizische Buchstabe Aleph, der sich von der stilisierten Darstellung eines Stierkopfes
(alef = Rind) herleitet, wurde von den Griechen gedreht, die die noch erkennbaren bildlichen Ursprünge des Buchstabens so abstrahierten.

KEILSCHRIFT
ÄGYPTISCHE HIEROGLYPHEN
PHÖNIZISCH
GRIECHISCH
LATEINISCH

 

Die Römer verdrängen Runen-Orakel
Als die Römer ab 500 v. Chr. den Mittelmeerraum eroberten, übernahmen sie auch das griechische Alphabet und passten es ihren Bedürfnissen an. Zusammen mit der etruskischen
Schrift bildete es die Grundlage für das lateinische Alphabet, das wir noch heute verwenden. Durch die Ausdehnung des römischen Imperiums setzte sich das lateinische Alphabet
in ganz Europa durch. Es verdrängte letztlich auch die in Nordeuropa seit dem 2. Jahrhundert verbreiteten Runen. Unsere Bezeichnung „Buchstabe“ geht übrigens zurück auf die Stäbe aus Buchenholz, in welche die Germanen ihre Runen ritzten. Die Buchenstäbe wurden für kultische Handlungen wie Orakel benutzt, Runen gab es aber auch für profane Handelsmitteilungen.

 

Das Rebus-Prinzip
Das Rebus-Prinzip beschreibt die Verwendung von Symbolen oder Schriftzeichen als Lautzeichen (Phonogramm), ohne Rücksicht auf die ursprüngliche Bedeutung der Zeichen.

 

Sarābīt al-Chādim

In den Tempelanlagen von Sarābīt al-Chādim sind die ältesten Hinweise auf die Alphabetschrift gefunden worden – kanaanäische Zeichen, die aus der Zeit um 1900 v. Chr. stammen.
In diesem Kultort in der Steinwüste des Südwestsinai, der auch im Alten Testament erwähnt wird, wurde damals Kupfer und Türkis abgebaut. Ägyptische Expeditionen bedienten
sich kanaanäischer Wanderarbeiter. Von diesen einfachen Beduinen stammen offenbar die 30 erhaltenen kanaanäischen Schriftzeugnisse, die dort bisher gefunden wurden. Von besonderer Bedeutung ist eine Sphinx-Statue, auf die im Jahre 1905 der Ägyptologe W. M. Flinders Petrie stieß. Die kanaanäischen Zeichen wurden 1915 von Alan Gardiner entziffert: Während die Hieroglyphen die ägyptische Göttin des Türkis – Hathor – preisen, sind in der kanaanäischen Übertragung die Laute für ihre eigene Göttin „Ba`alat“, die Frau des Gottes Baal, in den Sandstein gemeißelt worden. Gefunden wurde auch eine „ägyptische“ Sitzstatue mit der kanaanäischen Beschriftung – einer Widmung für den Gott der Minenarbeiter. Offenbar waren die schriftlosen Viehhirten von der ägyptischen Hieroglyphen-Kultur fasziniert und übertrugen die ägyptischen Zeichen in stark vereinfachter Form in ihre Sprache – es entstand ein frühes kanaanäisches Alphabet mit 23 bis 25 Konsonanten. Die Kanaanäer waren die Vorfahren der Phönizier, über die das Alphabet dann nach Griechenland kam.

Die Geschichte der Schrift umfasst viele unterschiedliche Schriften, die in verschiedenen Regionen der Welt entstanden sind.
Einige Schriften haben sich über Jahrtausende verändert und zu den in der Gegenwart verwendeten Schriften weiterentwickelt.

Die ältesten Schriften

Die in Henan gefundenen chinesischen Zeichen, die auf ungefähr 6600 v. Chr. datiert und als Jiahu-Schrift gedeutet werden, werden von einigen Forschern als
die älteste Schrift überhaupt angesehen. Dies ist jedoch recht umstritten, da diese Zeichen isoliert existieren, d. h. anscheinend ohne hochkulturellen Kontext.
Ähnliches gilt für die Vinča-Schrift in Südosteuropa. Es handelt sich dabei um beschriftete Objekte aus Kulturstätten früher Siedlungen wie einerseits Skulpturen und Kulturgegenstände, die mit geometrischen Mustern verziert wurden.
Eine eigene Gruppe von Gegenständen sind solche mit Sequenzen eingeritzter Zeichen, die als Inschriften erkennbar sind und nicht mit Ornamenten verwechselt werden können. Das würde bedeuten, dass die Verwendung der Schrift zeitlich betrachtet auf ca. 5500 v. Chr. datiert werden kann.

Die Tontafeln von Tărtăria (Rumänien) können beispielsweise auf ca. 5300 v. Chr. datiert werden. Schrift im Sinne eines wirklichen Festhaltens von Gedachtem und Ausgesprochenem ist eigentlich erst von dem Punkt an zu werten, wo Zeichnungen oder Zeichen in direkter Beziehung mit ausgesprochenen Silben, Wörtern oder Satzbegriffen auftreten. Den ersten frühgeschichtlichen «Schreiber» stellen wir uns etwa im 5. Jahrtausend v.Chr. in der Gegend des Mittleren Orients vor. Mit Hilfe von so genannten «Piktogrammen» schematisierte er Gegenstände, Daten, Aktionen. Wirklich zu schreiben begann er jedoch erst in dem Augenblick, als er die Zeichen im Sinne seines eigenen linearen Gedankenablaufes neben- oder untereinander zu ordnen, «zu reihen» begann. So entstanden nach und nach Zeichenreihen, die sich durch ständig wiederholten Gebrauch zu fortlaufenden Schrift-Kulturen weiterentwickelten.

Die Theorie der «Calculis»
Vor den ersten Schriftzeichen hat der Mensch andere Hilfsmittel verwendet. Kleine Stücke aus Ton halfen beispielsweise beim Zählen und Rechnen. Bisher dachte man, dass diese Rechensteine mit Erfindung der Schrift verschwanden. Neue Ausgrabungen legen nahe, dass beide Systeme noch Tausende Jahre parallel existiert haben müssen.

Mit Tonstücken rechnen
Etwa 3000 vor Chr. entwickelten die Sumerer im alten Mesopotamien die Keilschrift. Aber schon zuvor wurden in der ältesten Hochkultur der Menschheitsgeschichte Hilfsmittel zur Dokumentation und vor allem für die Buchhaltung und den Handel verwendet. Unterschiedlich geformte kleine Tonstücke erleichterten die Buchführung. Es existieren mehrere Theorien, welche Bedeutung die Form der sogenannten Tokens oder Calculi gehabt haben könnte. Eine geht davon aus, dass sie unterschiedliche Handelsgüter repräsentiert haben, z.B. Ziegen oder Weizen. Bei der Geschäftsabwicklung wurde dann die entsprechende Anzahl an Rechensteinen getauscht.

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